Sonntag, 9. Oktober 2016

THE DUBLIN DIARIES #5: ONE, TWO, SKIP A FEW...


Ich weiß, ich weiß, das geht ja fabelhaft los. Woche fünf liegt hinter mir und ich habe es bereits geschafft die zwei vorherigen unter den Tisch zu kehren. Kontinuität - mangelhaft. 

Man verzeihe meine Nachlässigkeit, mir kam etwas dazwischen: zu lange To-Do-Listen, zu kurze Tage, Verlockenderes, als am Schreibtisch zu sitzen - Leben nennt man das wohl.  


Aber mal ganz im Ernst, ich bin in den letzten Wochen tatsächlich etwas überwältigt worden. Von all den neuen Eindrücken, Begegnungen, Menschen, sich langsam einschleichenden Gewohnheiten...

Mir geht es hier im Grunde nach wie vor großartig. Noch immer bin ich jeden Tag voller Freude, Motivation und vor Allem Dankbarkeit. Dankbar, dass ich hier sein und das tun darf, wovon ich so lange geträumt habe. Was man in Träumen jedoch manchmal ein klitzekleines Bisschen vernachlässigt, sind all die anstrengenden Tage, die kurzen Nächte, beängstigende Fristen und vollgeschriebenen Kalenderseiten. Dass es kein Zuckerschlecken werden würde, war mir bewusst und um ehrlich zu sein mag ich genau das. Die Herausforderung, die Möglichkeit, über mich hinauswachsen zu können, Grenzen einzureißen, neue Level  zu erreichen. Ja, ich mag all das, genau so wie es ist und mit ein bis fünf Tassen Kaffee aus meiner neuen Lieblingstasse (Danke, Julia!) lässt sich ohnehin alles schaffen. Was ich allerdings nicht mag, ist die Tatsache, dass ich immer öfter nachts im Bett liege und an all die Anrufe nachhause denke, die ich wieder nicht gemacht habe; dass ich die Geburtstagskarte für meinen besten Freund seit einer Woche unabgeschickt in meiner Tasche herumtrage, dass ich genau jetzt nicht bei Menschen sein kann, die mich gerade brauchen würden, um ihre Hand zu halten.  Ich mag nicht, nicht da sein. Ich möchte weiterhin jedes Detail eures Lebens kennen. Ich liebe es, wenn ihr mir Fotos und Sprachnachrichten schickt und ich würde gerne auf jede einzelne sofort und in Fülle antworten. Nicht immer schaffe ich das, was nicht heißt, dass es mir nicht wichtig ist. Ich mag nicht, dass ihr denkt, ich denke nicht an euch, denn das tue ich. Jeden Tag! Ich wünschte ich könnte weiterhin alles mit euch teilen - und ich mag nicht, dass ich das in letzter Zeit versäumt habe. Das Prinzip "Kompromiss" fand ich schon immer unbequem, aber ich lerne hier gerade sehr genau, was es heißt.   

Gerade war ich einkaufen und neben all dem Halloween-Schnick-Schnack stapeln sich bereits Weihnachtsschokolade und Christmas-Pudding. Kaum zu glauben, dass es schon wieder so weit sein soll. Aber wisst ihr was - das bedeutet auch, dass wir uns ganz bald wieder sehen werden und darauf freue ich mich über alle Maßen. 

Ich könnte jetzt ein wenig von der Uni erzählen, aber abgesehen davon, dass ich nicht weiß wo ich mit dem Lesen anfangen und wann um Himmels Willen all die Hausarbeiten schreiben soll, deren Fälligkeitsdaten schon jetzt ihre Kreise um meinen Kopf ziehen, gibt es da nicht allzu viel zu berichten. In Kurz: Ich mag es (trotzdem) sehr und bin überzeugt, eine der besten Entscheidungen meines bisherigen Lebens getroffen zu haben.

Ein bisschen verrückt fühlt es sich an bereits jetzt wie wild Bewerbungen zu schreiben, auf Karrieremessen zu gehen und sich auf jedem nur denkbaren Recruiting-Event herum zu treiben. Will man in eine der großen Firmen - ja, ich will - dann heißt es "Deadline October". In einem Jahr erst soll ich dort anfangen und mein Studium hat gefühlt erst gestern begonnen, aber klar doch, let's do this. 

Neben all den überwältigen Unternehmen, beeindruckenden Möglichkeiten, Plänen und "Was wäre wenn..."-Zukunftsvisionen die mir aktuell über den Weg laufen, ist mir auch eine Gleichgesinnte begegnet. Ein bisschen wie im Film mag das klingen, aber als ich vor drei Wochen mit einem Buch und einem Kaffee im Park saß, hat mich eine junge Frau in meinem Alter angesprochen. Was mit einem Kompliment über meine Hose begann, führte von der Feststellung, dass man  leider zu selten Leute unseren Alters mit einem Buch in der Hand trifft, über eine Vielzahl weiterer Gemeinsamkeiten zu der merkwürdigen Frage ihrerseits: "Wollen wir vielleicht Nummern tauschen und uns Mal in Ruhe auf einen Kaffee treffen?" Wären wir fünf gewesen, dann hätte die Frage wohl gelautet " Wollen wir Freunde sein?" und wäre sie ein gut aussehender Prince Charming, dann wäre das ein Sonntagabendprogramm im ZDF. 

Meine Antwort lautete jedenfalls ja. Wir haben Nummern getauscht, wir haben seitdem nicht nur Kaffee getrunken, sondern auch eine Klippenwanderung gemacht, zu viel Eis und Pizza gegessen, Bridget Jones im Kino angesehen und Tränen gelacht. Auch wenn wir nicht fünf sind, sind wir schnell sowas wie Freunde geworden. Ich habe bereits so viele fantastische Menschen in der Uni kennengelernt, aber es ist herrlich erfrischend langsam auch ein soziales Umfeld außerhalb der Trinity-Mauern zu haben. 
Meine liebe Mitbewohnerin, die im übrigen älter ist als meine Mama, ist ebenfalls ein sehr angenehmer Teil dessen. Wir verstehen uns merkwürdig gut. So gut, dass wir neulich abends quatschten und quatschten, bis wir irgendwann erschrocken feststellten, dass es zwischenzeitlich 04:30 Uhr morgens war. Das zeigt einmal mehr, dass Alter oft sehr relativ ist. Sie ist nicht wie meine Ersatz-Mama. Ich habe eine zauberhafte Mama. Sie ist tatsächlich mehr wie eine Freundin. Eine, die mit mir Whats-App-Nachrichten, Haarfarben und die Kompatibilität von Nagellack und Lippenstift analysiert, meine FBI-Skills in Sachen Social-Networks regelmäßig konsultiert und auf der gleichen Sarkasmus-Ebene lebt wie ich.  

Ich verabschiede mich mit ein paar Fotos der vergangenen Wochen, schicke euch virtuelle Umarmungen und gebe mein Bestes, nächsten Sonntag pünktlich wieder von mir hören zu lassen. Wir haben ein Date. You, me and coffee.










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