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Mittwoch, 10. August 2016



Ich habe Berlin vor knapp einem Monat (vorerst) den Rücken gekehrt und bin nun für ein paar weitere Wochen auf der Durchreise wieder "zuhause" eingekehrt; in der Stadt die keiner kennt und die immer nur ein "in der Nähe von Frankfurt" sein wird. Zuhause. Ich komme nicht umhin mich zu fragen (ha! You got me there) was das überhaupt bedeutet. Klar, ich bin hier aufgewachsen, hier lebt meine Kernfamilie und hier leben immer noch einige meiner längsten und engsten Freunde. Aber ich lebe hier nicht. Und deshalb fühlt es sich auch nicht mehr wie mein Zuhause an. Berlin war mein Zuhause und bald wird Dublin mein Zuhause sein. Wenngleich hier also meine Wurzeln liegen, hinter jeder Ecke Erinnerungen warten, einige der großen Schritte meines bisherigen Lebens auf diesem Boden getan wurden, ist dies nicht mehr der Ort, an den ich gehöre - gehören will. Ich hatte schon immer das Gefühl, dass es anderswo schöner, spannender, richtiger sein würde. Berlin gab mir recht und meine nächste(n) Station(en) sicherlich ebenfalls. 

Ich weiß, dass Viele das nun überhaupt nicht nachvollziehen können. "Zuhause ist wo man herkommt" werden sie sagen, oder zumindest denken. Für manch einen mag das genau so stimmen. Das ist schön, wirklich. Sie sind dort, wo sie hingehören, wo sie sein und bleiben wollen. Ich bin es noch nicht. Ich will weiter und ich will mehr: Weiter blicken, mehr sehen. Weiter gehen, mehr erreichen. Weiter scheitern, mehr lernen. Mich weiter entwickeln, mehr werden.  

Davon abgesehen bin ich überzeugt, dass man erst einmal weggehen muss, um (hin und wieder, nicht auf Dauer) gerne zurückkommen zu wollen. Es hat sich für mich nie zuvor besonderer angefühlt in meiner Lieblingseisdiele in der winzigen Fußgängerzone dieser Stadt mit meinen Freunden einen Cappuccino zu trinken, jeden dritten Passanten auf der Straße beim Namen zu kennen, den Termin zum Beantragen meines Reisepasses nicht drei Monate im Voraus buchen zu müssen, mit meiner Mutter am Sonntag auf dem Balkon zu frühstücken. Ich vermisse all diese Dinge in der Ferne und ich vermisse die Ferne, wenn ich hier bin. Ich komme gerne her und darum gehe ich auch gerne von hier weg.     

Wenn Zuhause also irgendwann nicht mehr das Äquivalent für den Ort ist, an den man hin und wieder zurückkommt - an Weihnachten, wenn Mama Geburtstag hat, oder wenn man sich einfach mal wieder nach dem beruhigenden Geruch von früher sehnt - dann spricht man stattdessen fortan von Heimat. Ich jedenfalls tue das tatsächlich. "In die Heimat fahren" oder "Zeit in der Heimat verbringen", von "meinen Freunden aus der Heimat" erzählen, die für die neuen Wegbegleiter an all den neuen Orten vermutlich nur gesichtslose Geister der Vergangenheit sind. Für mich sind sie das keinesfalls. Sie sind mein Hafen, meine Mitte, meine Spiegel. Bei ihnen kann ich ankommen, ich sein, über morgen quatschen, aber auch über gestern lachen. Es gibt unzählige "Weißt du noch, damals..."-Momente, von denen auch tatsächlich nur sie noch wissen. Sie kennen mich in jeder Phase meines Lebens, sie sind immer noch da und werden es hoffentlich immer sein. Auch wenn wir alle längst andere und völlig unterschiedliche Wege gehen, wird es immer einen gemeinsamen geben. Und ganz egal wo auch immer dieser uns hinführt - mit einer Flasche Wein in den Garten, in ein stickiges Kino, in den nächsten gemeinsamen Urlaub - werden wir genau dort ebenfalls zuhause sein. Weil sie da sind.  




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